Wirksame Meetings – Ein Oxymoron?

Für »Meetings« meldet Google über eine Milliarde Treffer. »Wirksame Meetings« hingegen scheint es nicht zu geben, dazu liefert Google ganze 230 Ergebnisse.

Lässt sich daraus ableiten, dass nur 0,0000219­% aller Meetings wirksam sind? Diese Rechnung kommt der Realität zumindest gefühlt sehr nah. Dennoch, hin und wieder muss man die Köpfe zusammenstecken. Im Sitzen oder stehend, drei Utensilien sollten Sie immer dabei haben.

Inhalt

1. Eine Agenda

Klar wie Kloßbrühe, ohne Agenda kein Meeting. Eine gute Agenda besteht aus einer Fragestellung und einem Zielbild. Der Frageteil ist meist einfach, zumindest wenn das Problem klar ist. Je konkreter Ihre Frage, desto wirksamer das Meeting.

Die Zielstellung ist entscheidend. Wirksamkeit erlangt sie nicht durch Konkretisierung, sondern vor allem durch Abgrenzung. Der Trick besteht darin, die Kommunikation im Termin in zielführende Bahnen zu lenken – und die explizit abzulehnen, die Sie ausblenden wollen.

Mehrere sich überschneidende Pfeile, die zu einem einzigen geraden Pfeil komvergieren.
Eine gute Moderation arbeitet daran, unterschiedliche Menschen, deren Ideen, mentale Modelle, und Erwartungen zusammenzuführen, und dämpft störende Einflüsse ab.

Angelehnt an einen vom Institut für Produktentwicklung am Karlsruher KIT entwickelten Ansatz zur methodischen Problemlösung1 sind das die acht Bahnen, auf denen man über Probleme nachdenken kann.

  1. Situationsanalyse
  2. Problemeingrenzung
  3. Alternativen aufzeigen
  4. Tragweite analysieren – Chancen und Risiken abschätzen
  5. Lösungsauswahl, in Vorbereitung auf die …
  6. Entscheidung
  7. Umsetzung
  8. Nachbereitung und Lernen

Ihre Agenda sieht zum Beispiel so aus:

»Lösungsansätze zur Herstellung der Rechtssicherheit bei Nachdrucken.«

Ziel des Meetings ist es, Optionen zur Umsetzung der Anforderungen des Fachbereichs Recht zu erarbeiten.

Wir wollen heute zunächst nur alternative Optionen sammeln.

Die rechtliche Bewertung der heute erarbeiteten Optionen erfolgt im Nachgang, ebenso Bewertungen von Aufwand bzw. BIA, die für eine spätere Entscheidung notwendig sind.

Nach diesem Schema können Sie Ihre Agenda formulieren, egal in welcher Situation Sie sich befinden. Arbeiten Sie die Bestandteile der Agenda in umgekehrter Reihenfolge ab:

  1. Welche Phasen der Problemlösung wollen wir heute nicht betrachten?
  2. In welcher Weise wollen wir stattdessen über das Problem nachdenken?
  3. Welches Ergebnis sollten wir daher erzielen können?
  4. Was ist dafür ein guter Titel?

2. Sichtbarkeit der Agenda und Ergebnisse

Eine Agenda haben wir, jetzt müssen sie alle sehen können. Natürlich gehört sie in die Einladung. Sie darf aber unter keinen Umständen während des Meetings fehlen. Nutzen Sie dazu zum Beispiel ein Whiteboard, um sowohl die Agenda als auch jedes Zwischenergebnis für alle jederzeit im Sichtfeld zu haben. Nutzen Sie die Arme Ihres Flipcharts. Ansonsten ist im Zweifel immer die falsche Seite oben, oder Sie schreiben zu klein. Beides lässt Agenda und Ergebnisse unsichtbar werden – und das wollen wir ja gerade verhindern.

Nutzen Sie die neun Phasen der Problemlösung als Werkzeug Ihrer Moderation. Ich habe ein Poster für Sie vorbereitet, dass Sie dazu benutzen können. Markieren Sie mit einem grünen Marker die im Meeting relevante Phase. Kehren Sie immer dann zu dem Poster zurück, wenn die Diskussion abdriftet. In Ihrer Moderation hilft Ihnen das, inhaltliche Ausreisser einzufangen. Wie das elegant aber bestimmt zu machen ist, zeigt Trainer Gerald Huesch in diesem Video.

3. Den passenden Teilnehmerkreis

In vielen Unternehmen ist das die schwerste Übung. Gefühlt: je wichtiger das Thema vermeintlich ist, desto größer wird der Teilnehmerkreis. Plötzlich wollen Teamleiter ihre Abteilungsleiterin dabei haben, Expertinnen bringen ihre Linienvorgesetzten mit.

Manchmal können Sie etwas dagegen tun, manchmal nicht. Das nennt man dann Politik. In Unternehmen mit dicken Silowänden passiert das öfter und früher in der Problemlösung. Je dünner die Trennschichten werden, desto seltener und später kommt es dazu.

Ich bin dazu übergegangen, in der Agenda allen Teilnehmerinnen konkrete Fragestellungen zuzuordnen. Schreiben Sie nicht den Titel der Person auf, sondern die Frage, zu der sie beitragen soll. Erstens erlaubt es Ihnen, nach dem Beitrag der nachträglich eingeladenen Personen zu fragen. Zweitens geben Sie dem Teilnehmerkreis ein besseres Bild des Meetings. Scheuen Sie sich nicht, bestimmt nachzufragen, warum eine Bereichsleitung dabei sein muss, wenn ein Expertenkreis die Problemstellung (Phase 2) eingrenzen soll.

Verstehen Sie mich nicht falsch, Politik kann man nicht verhindern. Darum geht es nicht, sondern um die Wirksamkeit Ihres Meetings.

Das kostet ja Ewigkeiten …

Ein Meeting mit acht Personen über zwei Stunden entspricht 16 Stunden Zeiteinsatz. Eine gute Vorbereitung darf bis zu 20­% davon kosten. Investieren Sie weniger, reduzieren Sie Ihre Wirksamkeit. Schlimmer noch, Sie reduzieren die Wirksamkeit aller im Raum.

Nicht einverstanden? Eine Frage: auf wen färbt ein gut vorbereitetes, zielführend moderiertes Meeting ab?


Ihr Sascha A. Carlin

Als Agile Coach verhelfe ich Führungskräften in der Softwareentwicklung zu mehr Wirksamkeit.

Kontaktaufnahme jederzeit via E-Mail oder Telefon +49 30 40782375.