Notizen zu Motivation, Arbeit, Spielen und Führung

Wie lange ein Spiel fesseln kann, diese Frage wird in jeder Spielrezension beantwortet. Je länger das Spielen Spaß macht, desto besser die Wertung.

Langzeitspielspaß = Langzeitarbeitgeberspaß?

Ziel jedes Unternehmens ist es, Geld zu verdienen. Dazu benötigt es motivierte Mitarbeiter*innen. Ergo ist ein Unternehmen umso erfolgreicher, wie es seine Mitarbeiter lange Zeit (d. h. immer wieder neu) motivieren kann. Manche sehen Mitarbeiter*innen vor allem als Kostenfaktor. Diese Sichtweise ist schlicht falsch. Natürlich, im Sinne einer kurzfristigen Gewinnmaximierung hilft es, Personalkosten zu drücken. Nachhaltig ist das nicht, und spätestens bei den nächsten Quartalszahlen wird der Schwindel sichtbar.

Pacman mit Herzchen.
Pacman mit Herz.

Je motivierter Spieler*innen sind, desto länger spielen sie, desto erfolgreicher ist das Spiel.

Je motivierter Mitarbeiter*innen sind, desto länger arbeiten sie, desto erfolgreicher ist das Unternehmen.

Die Herausforderung für Unternehmen lautet also, ihren Mitarbeiter*innen auf lange Zeit all die Dinge zu bieten, die sie motivieren. Und so unterschiedlich Spieler und Spielgenres sind, so unterschiedlich sind Mitarbeiter und ihre Motivation.

Üblicherweise geht man davon aus, Spieler*innen in vier Gruppen einordnen zu können: Explorer, Socializer, Achiever und Killer. Jede dieser Gruppen achtet auf andere Dinge, legt auf andere Dinge Wert. Grob gesagt gibt es vier Wertesysteme, vier Grundhaltungen und Moralvorstellungen. Spieler*innen wie Mitarbeiter*innen haben also unterschiedliche Wertesysteme und agieren unterschiedlich. Das hat zwei Auswirkungen.

Gleiches zu Gleichem

Unternehmen, deren Mitarbeiter*innen vor allem aus einem bestimmten Typus bestehen, werden es einfacher haben, weitere, ähnliche Mitarbeiter*innen zu finden. Das erklärt auch wie schwer es für Unternehmen ist, Änderungen an ihrer Kultur herbeizuführen. Diese Schwerpunktsetzung kommt nicht von alleine. Unternehmen sind keine autarken Systeme, die entstehen. Sie werden geprägt von den Menschen, die das Unternehmen ausmachen. Grundsätzlich allen, die dafür verantwortlich sind, Mitarbeiter*innen einzustellen.

Was nicht passt, kann nicht passend gemacht werden

Aus Arbeitnehmersicht bedeutet das schlicht, das man zu einem Unternehmen passt, oder eben nicht. Natürlich gibt es Grauzonen, in denen man sich selbst anpassen kann, in dem man Teile des eigenen Wertesystems aufgibt oder den Drang, danach zu leben, vermindert. Dennoch, das ist weder allen Menschen möglich noch grenzenlos machbar. Auf den Kern der eigenen Werte wird kein Mensch freiwillig dauerhaft verzichten können. Der Versuch führt zu enormen psychischen und letztlich auch physischen Schmerzen.

Was bei Spielen das Spielprinzip ist, nennt man bei Unternehmen Kultur. Bei Spielen spricht man von Spielmechanik, bei Unternehmen wären dies Prozesse. Andere Begriffe: Regeln, Vorgehensweisen, Arbeitsteilung. Letztlich ist Aufbau- und Ablauforganisation zu gleichen Teilen gemeint. Spielziel ist das Ziel des Unternehmens. Damit gemeint ist nicht Geld verdienen, denn das will jedes Unternehmen, das taugt nicht als Unterscheidungskriterium. Gemeint ist die Vision oder die Mission, oder, mit Sinek, das »Warum«.

Spiele, die besonderen Anklang finden, haben klar definierte Spielprinzipien, ausgeglichene Spielmechaniken und allen Spielern verständliche Spielziele.

Erfolgreiche Unternehmen wiederum weisen die gleichen Merkmale auf: Nachvollziehbare Kultur, ausgeglichene Prozesse und allen Mitarbeitern verständliche Ideen vom Jetzt. (Oder in Sineks stark vereinfachenden Worten: Warum, Wie & Was.)

Damit wären die drei Aspekte benannt, auf die man als Unternehmer und Personalvorgesetzter achten sollte. Je besser man darin ist, alle drei Aspekte zu maximieren, desto motivierter werden die Mitarbeiter sein.

Ungleichgewichtige Partner: AG und AN. Wirtschaftliche Abhängigkeit

Zwischen Unternehmen und Mitarbeiter*in besteht eine einseitige Abhängigkeit. Wir haben gesehen, dass die einzelne Mitarbeiter*in mit ihren Werten allen anderen Mitarbeiter*innen mit deren Werten (dem “Unternehmen”) gegenüber steht. Dadurch ergibt sich ein Ungleichgewicht, denn die einzelne Mitarbeiter*in kann in der Regel das herrschende Wertesystem schwerlich zu ihren Gunsten verändern. Das Unternehmen ist von der Arbeitsleistung der Mitarbeiter*in abhängig, und die Mitarbeiter*in von der Vergütung, die sie dafür erhält. Das Unternehmen wird in den meisten Fällen eher auf die Arbeitsleistung einzelner Mitarbeiter/innen verzichten können als die auf die Vergütung ihrer Arbeit. Das Unternehmen ist im Vorteil und kann darauf bauen, die Arbeitsleistung der Mitarbeiter\innen so lange nutzen zu können, bis dieser Ersatz, also ein anderes Unternehmen gefunden hat, das ihre Arbeitsleistung vergütet.

In diesem Sinne agieren Unternehmen parasitär, nicht symbiotisch. Sie müssen nicht daran interessiert sein, Einzelne zu halten, sondern nur das Gros der Mitarbeiter*innen. Arbeitnehmer*innen sind sich dieser Tatsache bewusst.

Deswegen ist es für Mitarbeiter*innen wichtig, darüber zu entscheiden, ob ihre Werte mit denen des Unternehmens großteils übereinstimmen. Ist das nicht der Fall, wird die Arbeit im Unternehmen dauerhaft demotivieren.

Umgekehrt ist es für Unternehmen wichtig, sich Mitarbeiter*innen zu suchen, die zu ihm passen. Dabei geht es nicht in erster Linie um ausreichende professionelle Qualifikation, sondern um ausreichende Werteübereinstimmung. Ein erfolgreiches Unternehmen wird sich vor allem solche Mitarbeiter*innen aussuchen, die zu ihm passen (das können auch gezielt “Nicht-Passende” sein, die aufrütteln sollen!) und gleichfalls höchstes Augenmerk darauf legen, Personalvorgesetzte danach auszuwählen, ob sie in der Lage sind, dies zu tun.

Monetäre Kompensation ist Teil der Wertschätzung, aber nicht der wichtigste

Damit ist gezeigt, dass die Vergütung der Arbeitsleistung als Motivation nicht geeignet ist. Es lassen sich allenfalls kurzfristige Effekte erzielen. Eine dauerhafte Bindung lässt sich durch überdurchschnittliche Vergütung nicht erreichen. Stimmen die Wertesysteme nicht überein, wird der Mitarbeiter Ersatz suchen und dabei sogar eine geringere Vergütung akzeptieren. In der Spiele-Analogie ist Vergütung eine kurzfristige, einmalige Motivation. Kaum ein Unternehmen wird einem Mitarbeiter jeden Monat eine Gehaltserhöhung geben können.

Spaß an der Arbeit

Wenn ein Spiel keinen Spaß macht, spielt man es nicht mehr. Kurze Wiederholung:

Spiele, die besonderen Anklang finden, haben klar definierte Spielprinzipien, ausgeglichene Spielmechaniken und verständliche Spielziele.

Langfristig erfolgreiche Unternehmen wiederum weisen die gleichen Merkmale auf: Nachvollziehbare Kultur, ausgeglichene Prozesse und anstrebbare Visionen.

Verstehen Mitarbeiter*innen nicht, was das Unternehmen will, wie es funktioniert oder nach welchen Maßstäben es geführt wird, werden sie es verlassen, sobald sie können.


Ihr Sascha A. Carlin

Als Agile Coach verhelfe ich Führungskräften in der Softwareentwicklung zu mehr Wirksamkeit.

Kontaktaufnahme jederzeit via E-Mail oder Telefon +49 30 40782375.